Als erste Bildungseinrichtung legt die Kindertageseinrichtung einen Grundstein für den weiteren Bildungserfolg von Kindern. Diverse wissenschaftliche Studien machen deutlich[1]: Alle Kinder profitieren vom frühen Besuch einer Kita.
Wer Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe für alle Kinder sichern will, muss Kinder früh fördern – in Kindertageseinrichtungen oder der Kindertagespflege. In Deutschland hängen gute Startchancenimmer noch stark vom Elternhaus ab – das zeigen insbesondere die OECD-Bildungsberichte. Der Zugang zu frühkindlicher Bildung wirkt immer auch als Armutsprävention verstanden.Daher kommt der Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege als erste Bildungsstufe eine besondere Bedeutung zu, um gleiche Bildungschancen für alle Kinder zu ermöglichen.
Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern und jungen Eltern den Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen, brauchen wir eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerecht ausgebaute Betreuungsinfrastruktur. Sie gibt Eltern die Freiheit, einer Erwerbstätigkeit, in dem von ihnen gewünschten Umfang, nachzugehen. Sie sichert damit auch die wirtschaftliche Stabilität von Familien und trägt so zur Armutsprävention bei, vor allem bei Alleinerziehenden, die bei dem Zeitmanagement zwischen Familie und Beruf besonders belastet sind.
Das vorliegende Papier konzentriert sich vorrangig auf Handlungs- und Finanzierungsansätze zwischen Bund, Ländern und Kommunen um die Qualität der Angebote zu gewährleisten und zu verbessern. Es hat nicht zum Ziel, alle Qualitätsaspekte zu definieren, von denen viele rein in kommunaler oder Landesverantwortung liegen.
1. Personalausstattung
Die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher, die eine Gruppe von Kindern betreuen, ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal, das sich direkt auf das Wohlergehen der Kinder auswirkt. Das bescheinigt auch der 14. Kinder- und Jugendbericht.
Zum Aufbau einer Bindung und der individuellen Förderung von Kindern braucht es Zeit. Derzeit variiert der Betreuungsschlüssel zwischen den einzelnen Bundesländern jedoch stark – dies wird im Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung deutlich. Der KiFöG-Bericht der Bundesregierung belegt, dass der Betreuungsschlüssel vielerorts „bedenklich“ oder „verbesserungswürdig“ ist. Außerdem muss den höheren Ansprüchen aufgrund der notwendigen Sprachförderung,des Ausgleichs von Benachteiligungen und der Inklusionsaufgabe Rechnung getragen werden.
Vor diesem Hintergrund muss es als Aufgabe der Politik verstanden werden, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse von Kindern sicher zu stellen. Sowohl der Ausbau als auch nachhaltige Investitionen in die Qualität können weder kurz, noch mittel- oder langfristig alleine von Kommunen und Ländern gestemmt werden. Mit Blick auf die Steuereinnahmen profitiert außerdem insbesondere der Bund von einer erhöhten Erwerbstätigkeit der Eltern. Wir brauchen deswegen dauerhafte, verlässliche und angemessene Bundesgelder für die Kindertagesstätten. Um dies sicherstellen zu können brauchen wir bundeseinheitliche, gesetzlich verankerte, Qualitätsansprüche, die sich an den aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen zur Personalausstattung orientieren und die gemeinsam mit den Bundesländern im Rahmen des Zustimmungsrechts des Bundesrates erarbeitet und festgelegt werden.
2. Ganztagsbetreuung und flexible Öffnungszeiten
Frühkindliche Bildung braucht Zeit. Kinder brauchen Zeit und Ruhe, um neue Erfahrungen zu sammeln, zu verarbeiten und durch Wiederholung in Handeln zu übersetzen. Dieser Lernprozess kann für viele Familien durch den Anspruch auf einen ganztägigen Kita-Platz besser sichergestellt werden.
Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr ist daneben eine ein entscheidender Faktor für die Verbesserung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieser Anspruch kann jedoch nur durch flexiblere und längere Öffnungszeiten allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern helfen, und eben nicht nur jenen mit einer klassischen 9-17 Uhr Stelle. Grenzen der Flexibilisierung setzen die kindlichen Bedürfnisse nach verlässlichen Bezugspersonen, vertrauten Tagesabläufen und der Zugehörigkeit zu anderen Kindern.
3. Elternbeteiligung und Öffnung in den Sozialraum
Eltern sind die wichtigsten Erziehungspartner, ihre Einbeziehung in die Bildung, Erziehung und Betreuung durch Angebote in der Kita ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal.Die Kita bietet die Möglichkeit,Lebens- und Sozialräume von Kindern und Eltern miteinzubinden sowie gerade für Familien aus bildungsfernen Schichten diskriminierungsfreie und niedrigschwelligeZugänge zu schaffen.
Ziel sollte es dabei sein, Kindertageseinrichtungen in den Sozialraum zu öffnen und sie entweder als Familienzentren weiter zu entwickeln oder an Familienzentren anzudocken. Als Unterstützungsnetzwerk können hier niedrigschwellige Erziehungshilfe, Beratung und Prävention angeboten werden. Entscheidend ist hier auch die Kooperation der verschiedenen Akteure der kommunalen Kinder- und Jugendhilfe, der Akteure des Gesundheitssystems sowie der Bildungs- und Erziehungslandschaft.
4. Qualitätsmanagement
Vor dem Hintergrund der Vielfalt der Angebote in der Kindertagesbetreuung und der Trägerautonomie ist es wichtig, Leitlinien für die Kindertageseinrichtungen zu formulieren, die Qualitätsansprüche, ein gemeinsames Bildungsverständnis sowie Ziele des pädagogischen Handels definieren. Die Bildungsprogramme der Länder bilden dabei ein Element der Qualitätsentwicklung und -sicherung. Unter Einbeziehung der Trägerorganisationen und von Akteuren aus der Praxis müssen diese regelmäßig weiter entwickelt und an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert werden. Ihre Umsetzung in der Praxis sollte dabei im Prozess regelmäßig evaluiert werden.
[1] s. zuletzt der Abschlussbericht der „Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen“
Muhterem Aras MdLMitglied im Bildungsausschuss und Sprecherin für Frühkindliche Bildung im baden-württembergischen LandtagGrüne Fraktion | Andrea Asch MdLKinder- und Familienpolitische Sprecherin Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW |
Marcus Bocklet MdLSozialpolitischer Sprecher der GrünenLandtagsfraktion Hessen und Vorsitzender der Enquete Kommission Bildung | Elisabeth Bröskamp MdLBündnis 90/Die Grünen Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz Kinder- und Familienpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion |
Anke Erdmann MdLKitapolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag | Stephan Schlenker MdBBKinderpolitischer Sprecher der Grünen Fraktion in der Bremer Bürgerschaft |
Julia Willie Hamburg MdLFraktion Bündnis 90/Die Grünenim Nds. Landtag Sprecherin für Kinder, Jugend, Familie | Franziska Brantner MdBKinder- und familienpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion |